Vakante Stellen zu besetzen stellt die Verantwortlichen im Recruiting im Gesundheitswesen häufig vor besondere Herausforderungen.
Stefan Ertel, Vertriebsleiter unserer Personalmarketing-Agentur Kunze & Stamm, gibt im Gespräch mit praktischArzt neben spannenden Einblicken in das Tagesgeschäft einer Personalmarketing-Agentur Antworten auf die Fragen wie man die maximale Reichweite für seine Stellenanzeigen erlangt und wo sich HR-Abteilungen Hilfe holen können.
Worauf sollten Recruiter bei der Stellenbesetzung besonders achten? Wie sollten Personalerinnen und Personaler idealerweise vorgehen?
Es besteht sehr viel Potenzial darin, sich mit der Zielgruppe zu beschäftigen. Das klingt jetzt möglicherweise nicht sehr innovativ, wird aber von vielen Recruitern immer noch zu sehr vernachlässigt. Denn wenn man weiß, wie die Kandidaten ticken, die man erreichen möchte, gibt das auch Aufschluss darüber, wie diese Zielgruppe erreicht werden kann und mit welchen Inhalten man als Arbeitgeber in Stellenanzeigen punkten kann.
Ebenfalls wichtig ist Kenntnis über die Kanäle, über die die gesuchte Zielgruppe am besten erreichen werden kann. So wird der Nutzen beispielsweise gering sein eine Stellenanzeige für einen Ausbildungsplatz in der gedruckten Ausgabe einer Tageszeitung zu veröffentlichen, wenn diese von den jungen Menschen aber gar nicht gelesen wird.
Von Vorteil ist außerdem Fachwissen über die technischen Möglichkeiten, die modernes Recruiting bietet: Zum Beispiel die eigene Karriereseite optimal zu gestalten und die eigenen Recruiting-Prozesse mittels Controllings auf Effizienz zu überprüfen.
Welche besonderen Herausforderungen stellt der medizinische Bereich an das Recruiting? Und in welchen Bereichen haben deutsche Krankenhäuser Verbesserungspotenzial?
In diesem Bereich ist der Mangel an Fachkräften besonders prekär. Es herrscht ein ausgeprägter Abwerbemarkt vor. Da es in Deutschland nicht genug Fachkräfte gibt, wird der Pool an Bewerbern immer internationaler. In solchen Fällen zeigt sich dann, dass viele Kliniken in punkto Onboarding Verbesserungsbedarf haben. Wenn internationale Mitarbeiter eine neue Stelle antreten, dann benötigen sie andere und viel mehr Zuwendung und Hilfestellung als das vielleicht bei Kollegen der Fall ist, die schon Jahre im deutschen Gesundheitswesen arbeiten.
Oftmals haben Krankenhäuser oder auch Pflegeeinrichtungen noch nicht ausreichend realisiert, dass es nicht mehr ausreicht, nur die Aktiv-Jobsuchenden anzusprechen. Auch die Passiv-Jobsuchenden müssen verstärkt in den Fokus genommen werden.
Darüber hinaus kann das Employer Branding vielerorts noch verbessert werden. Auf vielen Karriereseiten strahlen einem Fotomodels in reinweißen Kitteln entgegen. Hier stellt sich die Frage nach dem Realitätsbezug: Sieht so die Arbeit in einer Klinik aus? Und wie weit ist diese Vorstellung von dem vielleicht auch mal blutigen Berufsalltag entfernt? Das eigene Krankenhaus und Arbeitsumfeld realistisch und trotzdem sympathisch abzubilden, ist eine Kunst, die besondere Herausforderungen mit sich bringt.
Fairerweise muss aber auch gesagt werden, dass die Bedeutung des Recruitings in den Personalabteilungen steigen muss. Oft sind es die zu engen Budgets, die Recruitern die Spielräume nehmen.
Welche Trends lassen sich aktuell für Recruiter erkennen? Hat die Corona-Pandemie den Markt beeinflusst?
Vielerorts sind die angesprochenen finanziellen Spielräume zurückgegangen, da Geld an anderen Stellen benötigt wurde. An machen Standorten kann zudem ein Rückgang der Bewerbungen beobachtet werden. Da können Ängste oder Bedenken der Bewerberinnen und Bewerber bezogen auf die Jobsicherheit eine Rolle spielen.
Die Corona-Pandemie hat aber auch dazu geführt, dass sich viele Entwicklungen beschleunigt haben. Vielen Personalabteilungen scheint bewusst geworden zu sein, dass sich im Recruiting etwas ändern muss. Wenn plötzlich weniger finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, muss das vorhandene Geld besser eingesetzt werden. Es wird mehr Wert auf Kennzahlen und Controlling gelegt oder es wird überprüft, ob die eigenen Recruiting-Prozesse wirklich optimal digitalisiert sind. Das sind dann auch positive Trends, die sich aus der Pandemie für das Recruiting ableiten lassen.
Welche Kanäle gelten für die Schaltung von Stellenanzeigen als am besten geeignet?
Ganz einfach: Die Kanäle, über die man seine Zielgruppe bestmöglich erreicht. Welche das sind, lässt sich jedoch nicht pauschal sagen und ist immer davon abhängig, welche Position man in welcher Region besetzen möchte. Der Einfluss von Printmedien ist deutlich zurückgegangen – vor allem in den Großstädten und Ballungszentren.
Grundsätzlich gilt die Empfehlung, Stellenanzeigen breiter zu streuen. Sich auf eine einzelne Stellenbörse zu beschränken, macht nur Sinn, wenn es sich dabei um ein fachspezifisches Portal, sprich eine Spezialisten-Jobbörse, beispielsweise rein für Arzt-Jobs, handelt.
Darüber hinaus gibt es auch die Möglichkeit, passive Kandidaten anzusprechen. Das kann u.a. durch Direktansprache in den sozialen Medien oder Business Netzwerken oder durch programmatische Banner-Werbung gelingen.
Wie wird sich der Markt für Recruiter in den nächsten Jahren verändern? Welche Trends kommen da auf uns zu?
Die Komplexität wird weiter zunehmen, ebenso die Zahl neuer, vor allem digitaler Möglichkeiten. Schon heute können Kennzahlen in allen Phasen des Recruitings erfasst werden, um Maßnahmen in Zukunft noch effizienter einzusetzen.
Außerdem werden die passiven Kandidaten immer mehr zur wichtigsten Zielgruppe werden. Es wird also über neue Wege nachgedacht werden müssen, wie man diese ansprechen und für sich als Arbeitgeber begeistern kann.
Das vollständige Interview gibt es hier.